Twin Fountain Agricultural Training Institute (ATI) feiert 10 jähriges Diplomierungsjubiläum
Freitag, 14. November 2003, 11.00 Uhr.
Eigentlich sollten inzwischen alle Teilnehmer und Gäste der 10 jährigen Jubiläums-Abschlussfeier des Twin Fountain Agricultural Training Institute (ATI), Kalomo, Sambia, eingetroffen sein. Während nach und nach die insgesamt etwa 150 Personen – Lehrer, Familien, Freunde, Nachbarn – Platz nehmen, besuchen einige noch die draußen vor der Instituts-Mensa aufgebauten verschiedenen Projekt-Tische, an denen die Juniors (Absolventen des 1. Studienjahres) erste Ergebnisse ihrer Arbeiten präsentieren.
Vertreter der örtlichen Behörden wie auch der Ministerien sind in diesem Jahr nicht eingeladen, da sie auch in den Vorjahren einer entsprechenden Einladung leider nicht gefolgt oder nach Zusagen nicht erschienen sind.
Gegen 11.30 Uhr ist es dann soweit: Bis auf die Absolventen des Jahrgangs 2002-2003 sind alle in der Mensa versammelt. Nachdem Musik eingespielt wird, formieren sich die 17 Studenten, davon 2 Frauen in Zweierreihen und in eigens entworfenen Roben vor dem Eingang und tanzen dann – ebenfalls eigener Choreografie folgend – in den Raum. Minutenlang und in kleinen Schritten bewegen sie sich auf ihre Ehrenplätze zu. Dort angekommen, erheben sich auch alle anderen Anwesenden und Davison HANGOMBE, der stellvertretende Schulleiter, eröffnet die Feier mit einem Gebet. Dem folgt das Absingen der sambischen Nationalhymne.
Anschließend heißt Klaus MÜLLER, Leiter des Instituts, alle Gäste herzlich willkommen. Mit Hinweis auf dieses besondere Jubiläum, mit dem nicht nur auf 10 Studienjahrgänge – den ersten schlossen gerade 4 Absolventen ab -, sondern vor allem auf ein sich ständig weiterentwickeltes und im ganzen Land inzwischen bekanntes und anerkanntes Programm zurückgeblickt werden kann, bedankt er sich bei denen, die diese ganze Entwicklung erst möglich gemacht haben: den Mitgliedern und Freunden des deutschen Vereins der Förderer und Freunde (GOOD HOPE – Kalomo, Zambia e. V.), repräsentiert durch den heute anwesenden Andreas Reinhardt, den zahlreichen Gebetsunterstützern, ohne diese Entwicklung nicht möglich gewesen wäre, den beiden sehr engagierten und kooperierenden Nachbarfarmern Albert van Wyk und Chris Carins, seinen Eltern, ohne deren geistliche wie materielle Unterstützung der vor 25 Jahren getroffenen Entscheidung, nach Afrika zu gehen, Twin Fountain nicht das darstellen könnte was es heute ist, seiner weit angereisten Schwägerin, auch eine gute Freundin über so viele Jahre, und – am wichtigsten – seiner Frau und seinen Kindern, die es sicher wesentlich leichter haben könnten, wäre er nur in seinem frühern Beruf geblieben (wobei er hofft, dass seine Kinder mitbekommen, dass ohne einen Traum, eine Vision, ein Ziel und etwas Schweiß niemand viel in seinem Leben erreichen wird).
Weiter bedankt er sich bei den Farmern, die das Potential in diesem Beruf sehen und entsprechende Ergebnisse vorweisen. Damit stellen sie nicht nur eine Ermutigung auch für Twin Fountain, sondern für das ganze Land dar, das immer noch von Lebensmittelspenden verschiedener Hilfsorganisationen abhängig ist. Er begrüßt hierzu stellvertretend Mackson Siagoga und empfiehlt einen Besuch seiner Farm.
In seiner Rückschau auf 10 Jahre Twin Fountain ATI bedauert Klaus MÜLLER zunächst, dass leider nicht alle Absolventen das Gelernte für sich und andere umsetzen, sondern den bequemeren Weg einer gut bezahlten Anstellung bei Hilfsorganisationen wählen, anstatt selbständige und eigenverantwortliche Farmer zu werden und damit aktiv an den Lösungen der Probleme, denen Sambia gegenübersteht, mitzuwirken. Menschen ohne eigene Vision bilden leider immer noch die große Mehrheit.
Andererseits gibt es viele, die wirklich Vorbilder und Modell für anderen geworden sind und die letztendlich den größeren Einfluß auf die Entwicklung in diesem Land haben werden. Einige dieser Ehemaligen, die auch schon im Rahmen einer weiteren Veranstaltung am Vorabend etwas von ihren Erfahrungen mitgeteilt haben, sind auch heute hier. Stellvertretend für diese steht Shafwa Munkombwe, der in wenigen Minuten sprechen wird.
Die Einstellung eines weiteren Lehrers, Fiat Muhali, im letzten Jahr ermöglicht das Angebot zusätzlicher und ausbaufähiger Workshops und Seminare für Farmer, insbesondere im Bereich der Bewässerung.
Eine weitere positive Entwicklung stellt der in den vergangenen Monaten begonnene Prozess einer Harmonisierung von Curriculum und Prüfungsinhalten mit denen der staatlichen und auch für Ausbildungseinrichtungen wie das Twin Fountain ATI zuständigen Aufsichtsbehörde TEVETA (Technical Education Vocational and Entrepreneurship Training Authority) dar. Verschiedene TEVETA-Delegationen haben sich vor Ort vor allem über den Ansatz, dass erlernte Wissen so unmittelbar und praxisnah wie möglich umsetzen zu können, informiert. Dieser besondere Schwerpunkt soll noch weiter entwickelt werden, zumal Vertreter der Weltbank, die ebenfalls die Ausbildungsmöglichkeiten in Sambia untersucht haben, es als einmalig in Afrika darstellen, dass Twin Fountain ATI-Studenten während und mit ihrer Ausbildung gleichzeitig noch Geld verdienen.
Da das Denken, die Einstellung und das Verhalten der Lehrkräfte wesentlich die Art und Weise auch einer solchen Ausbildung prägt, ist vorgesehen, zukünftig auch die geistliche Entwicklung unter den Studenten noch stärker zu fördern.
Abschließend einen Ausblick wagend, äußert Klaus MÜLLER seine Zuversicht, auch zukünftig die landwirtschaftliche Entwicklung in Sambia positiv zu beeinflussen – gerade auch durch eine weitere Zahl von Seminaren für diverse Farmergruppen. Kurzfristig müssen ein weiterer Brunnen zur Verbesserung der Wassersituation gebohrt, mittelfristig sicher noch einige zusätzliche Gebäude errichtet werden. Bis zum 20jährigen Jubiläum sollte es möglich sein, alle ehemaligen Studenten und Freunde in einem dafür ausreichend großen Auditorium begrüßen zu können… (Im übrigen hat er sich dann ganz sicher als Institutsleiter zur Ruhe gesetzt.)
Vor einem letzten Wort an die Absolventen dankt er auch seinen Kollegen für Ihren Einsatz und äußert die Hoffnung, ich auch in Zukunft als Team zu verstehen und die gemeinsame Aufgabe weiterzuentwickeln.
Sich den Absolventen zuwendet, dankt er denjenigen, die durch ihre Hingabe an Gott und ihren gelebten Glauben geistlichen Einfluß auf das Institut ausgeübt und so auch den Lehrkörper angespornt haben, sich selbst auf diese Weise noch stärker in die Gemeinschaft einzubringen. Mit ihrem Wissen und ihren Fähigkeiten sind die Absolventen in der Lage, ihr Land weiterzuentwickeln, und hoffentlich bereit, dies umsetzen und mit anderen zu teilen. Denn niemals vergessen: KEINE FARMER – KEIN ESSEN – KEINE ZUKUNFT!
Klaus MÜLLER schließt mit dem Wunsch, dass unabhängig von Funktion oder Aufgabe, die sie in der Zukunft auch einnehmen, auch unabhängig vom Erfolg, den sie auch haben, sie gute Leiter und Vorbilder – geführt und gesegnet vom allmächtigen Gott – sein mögen!
Kurz als erster Ehrengast vorgestellt, ergreift Andreas REINHARDT aus Berlin, Deutschland, Repräsentant des deutschen Vereins der Förderer und Freunde dann das Wort.
Nach Dank für die Einladung und den Hinweis darauf, zum ersten Mal ein Vertreter des (seit 1985 maßgeblich auf Betreiben des hier ebenfalls anwesenden Heinz Müller bestehenden) Vereins an einer Abschlussfeier teilnimmt, schlägt er den Bogen von den Motiven und Leitbildern der Vereinsgründer und verschiedenen Unterstützer (Christen und Nichtchristen, Einzelpersonen und Gemeinden sowie anderen Organisationen) über Ziel und Auftrag des Landwirtschaftsinstituts bis hin zu den Absolventen. Überzeugt, dass diese Gedanken und auch Erwartungen im wesentlichen alle Genannten verbindet, äußert er sich über verschiedene Aspekte con Vertrauen und seiner Bedeutung.
1. Vertrauen in Wissen (das einen Unterschied im Leben ausmacht):
Weltweit ist Wissen die Grundlage für ein menschenwürdiges, erfülltes und erfolgreiches Leben, steht manchmal sogar als Symptom schlicht für Überleben. Wissen bedeutet, an den Erfahrungen anderer teilzuhaben („Man muss das Rad nicht stets neu erfinden“). Wissen macht unabhängig, ermöglicht eigene Entscheidungen, ist Grundlage für ein gesundes Selbstbewusstsein (nicht mit Arroganz zu verwechseln!). Und Wissen schafft und entwickelt Verantwortungsbewusstsein – für sich selbst, aber auch für andere.
2. Vertrauen in die Zukunft
Zukunft verändert sich dort zum Besseren, wo Einzelne und ihre Familien, vielleicht nur langsam, dafür aber beständig und Zeit investierend persönlich einen Unterschied schon in der nächsten Generation ausmachen. So verändert sich schließlich eine Region, ein ganzes Land.
3. Vertrauen in Menschen (in bekannte, aber auch unbekannte …)
Menschen steht hier für die Lehrkräfte und Mitarbeiter, die verantwortungsbewusst, professionell, zielorientiert sind, sich um die Zukunft der Studenten, aber auch ganzheitlich um diese kümmern. Menschen steht aber auch für die Studenten als Persönlichkeiten, die sich für die Landwirtschaft auch als Möglichkeit, davon zu leben, interessieren, die Chancen ergreifen udn Herausforderungen annehmen, anderen mit Ihrem Wissen helfen und gute Beispiele und Vorbilder in ihrem eigenen gesellschaftlichen Umfeld werden.
4. Vertrauen in Gott
Ohne Gott, den Schöpfer, würde es keine Menschen geben. Ohne Gott würden Menschen nicht einander lieben, für einander da sein und sorgen. Ohne Gott würden Menschen nicht ihnen völlig fremden Menschen in ihnen völlig unbekannten Teilen der Welt lieben. Mit Gott dagegen wissen Menschen um ihre gottgegebenen individuellen Begabungen und Fähigkeiten, ihre Stärken und die täglich neuen Chancen, die ein vergebender Gott schenkt.
Auch in diesem Sinne sollen daher Gottes Segen und Beistand die Absolventen begleiten, wo immer sie leben werden.
Als zweiter Ehrengast richtet dann der „Ehemalige“ Shafwa MUNKOMBWE, jetzt Farmer in Choma, einer ca. 60 km nördlich gelegenen Stadt, ein kurzes Wort an die Anwesenden. Er kann nicht nur von Landwirtschaftlichen Erfolgen seiner Schweinezucht, aber auch des Gemüseanbaus seiner sich stets vergrößernden Farm berichten, die er im Ergebnis auf die konsequente und verantwortungsbewusste Umsetzung des am Twin Fountain ATI Gelernten sowie der gelegentlichen, von dort noch erfolgenden Beratung, die alle Ehemaligen angeboten wird, zurückführt.
Sehr wichtig ist es, mit sienem Startkapital ein Stück Land zu erwerben und gleich mit dessen Bewirtschaftung zu beginnen. Ebenso entscheidend ist, sich dabei unter anderem auch auf der Grundlage von Marktanalysen vernünftige Ziele zu setzen und auf diese mit Beharrlichkeit und Fleiß hinzuarbeiten.
Wie sein Vorredner am Vorabend betont er, dass das Wissen um Anbaumethoden, Bodenkunde, Bewässerung u. a. ohne die Beachtung und Anwendung betriebswirtschaftlicher Notwendigkeiten („book keeping“) nicht erfolgreich anzuwenden, ja zum Scheitern verurteilt ist. Gerade weil dieses Fach, wie er weiß, machen Studenten schwer fällt, möchte er dessen Bedeutung hier noch einmal besonders hervorheben.
Er schließt mit dem Angebot an die Studenten, sich jederzeit an ihn wenden, seinen Farmbetrieb unmittelbar kennen lernen zu können.
Mit einigen Dankesworten des Studentenvertreters sind dann „der Worte genug gewechselt“. Unter dem Beifall der Anwesenden händigt Klaus MÜLLER allen Absolventen nicht nur ihre Zertifikate, sondern auch einen Umschlag mit dem von jedem erwirtschafteten Startgeld aus. An drei Studenten werden für herausragende Leistungen Buchpreise verliehen, deren Übergabe die beiden Ehrengäste vornehmen.
Nach einer ausführlichen Foto-Pause vor dem Auditorium schließt ein Buffet die Feier ab.
– aufgezeichnet und bearbeitet von Andreas Reinhardt